Ein spiritueller Weg

Seit ich mich erinnern kann, ist diese Gewissheit in mir, dass es etwas gibt, was uns innerlich führt auf unserem Lebensweg. Als Kind nahm ich dies im Spiel draussen in der Natur wahr. Im Wald bei den Bäumen oder am Ufer eines Bachs. Das Glitzern des Wassers eines Sees vermittelte mir diesen Eindruck oder das Schaukeln auf meinem geliebten «Riitiseili».

Der Junge auf der Schaukel 

Die Schaukel schwang nach vorne. Das grüne Gras glitzerte im Sonnenschein und der blaue Himmel wölbte sich wolkenlos über das Firmament. Die Blätter der nahen Birke wiegten sich im leichten Wind und der weisse Birkenstamm schien zu leuchten. Die Schaukel schwang zurück. In der Ferne sah man die grüne Kirchturmspitze mit dem roten Ziffernblatt. Die mit Tannen bewaldeten Berghänge wirkten so nah, dass man sie fast anfassen konnte. Es roch nach frisch gemähtem Gras. Die Sonne wärmte die Haut des Jungen wohlig warm. Er war mit sich und der Welt zufrieden. Er fühlte sich wohl behütet und umsorgt. Es war alles in Ordnung in der Ordnung. 

Auch in der Kirche, die wir als Familie oft besuchten, entdeckte ich als Knabe dieses feine Leuchten in meinem Herzen. So ahmte ich den Priester nach, wenn er mit geöffneten Armen und Händen die Gaben segnete. Meine Eltern fanden das amüsant, für mich war es natürlich.

Doch mit dem Eintritt in den Kindergarten und später auch in der Schule wurde ich mit einer Welt konfrontiert, die mir innerlich fremd war. Ich musste mich plötzlich anstrengen, lernen und üben. Dies fiel mir nicht leicht. Ich entdeckte, dass dies bei meinen Geschwistern und Kolleginnen und Kollegen einfacher war, als ich es selbst erlebte. Ich fing mich an zu vergleichen und war oft enttäuscht, dass meine Leistungen nicht dem entsprachen, was ich mir erhofft hatte. Mir schien, als wäre ich aus der inneren Ordnung herausgefallen.

Ich las Märchen aus verschiedenen Ländern und Kulturen und sehnte mich nach dieser Prinzessin, die ihren Prinzen fand. Ich entdeckte in diesen Märchen, dass es immer einen bestimmten Weg brauchte, den man gehen musste. Die Heldinnen und Helden mussten Prüfungen bestehen, sie mussten aufeinander warten, um zueinander zu finden. Eindrücklich beschreibt auch Lloyd Alexander in seinen Chroniken von Prydain dieses Heranreifen und Erwachsenwerden von Taran von Caer Dallben. Später entführte mich Marion Zimmer Bradley mit dem Buch: Die Nebel von Avalon in diese Welt von Mythen und Sagen, die sich in mir so lebendig und echt anfühlten. Ich sehnte mich nach einer Welt, wie ich es in diesen Büchern las und die sich in mir so wundervoll erschloss.

Ich begann spirituelle Bücher zu lesen. Als Jugendlicher Hermann Hesses Siddartha. Diese Erzählung hat bis heute ihren Glanz in mir nicht verloren. Eine Türe in eine neue Dimension eröffnete mir das Buch von Elisabeth Haich: Die Einweihung. Bis heute bewegt mich diese Erzählung mit den okkulten Gesetzen, dem karmischen Weg einer Seele über Jahrtausende hinweg. Es weckte in mir eine Ahnung, was Leben eigentlich ist. Ich durfte bei einer Meditation von Frau Haich einmal dabei sein. Ein Bild ist mir davon bis heute in Erinnerung geblieben: Ein Adler fliegt durch eine weite Schlucht, geniesst seinen Flug, den Wind und das Sonnenlicht. Mit dem Weg durchs Feuer von Irina Tweedie kam ich in den Kontakt mit Bhai Sahib und erlebte mit ihrem Tagebuch ein Vorgeschmack von einer möglichen Reise ins Herz des Herzens. Ich hatte beim Lesen dieses Buches oft den Eindruck, dass Bhai Sahib bei mir anwesend war und auch mich schulte, wie er es mit Irina Tweedie auf eindrückliche Weise getan hatte. Doch ich dachte, dass ein solcher Weg nur in Indien möglich wäre. Ich stellte mir die Frage, ob ich denn bereit wäre, einen solchen inneren und äussern Weg zu gehen, der das Ego durch die Präsenz und die Schulung eines Meisters zerfallen liess. Mir war ein solcher Weg zu streng und zu mühsam. In der Schweiz war dies sowieso nicht möglich, dafür musste ich nach Indien zu einem Meister gehen. Ich sollte mich noch gewaltig täuschen.

Ich las die Autobiografie eines Yogis von Yogananda oder Mata Amritanandamayi, Mutter der unsterblichen Glückseligkeit. Ich entdeckte in diesen Büchern eine Welt, die ich innerlich kannte, im Aussen aber so anders erlebte. 

Das Leben führte mich auch zu Menschen, die meinen weiteren Lebensverlauf prägten. Von diesen Menschen soll nun die Rede sein.

Agi Hidveghy
Die spirituelle Türöffnerin

Agi Hidveghy lernte ich anfangs der 1990 Jahre kennen. Ich nahm ihre Lebensberatung mit astrologischem Hintergrund in Anspruch und bekam so einen Eindruck von gelebter Spiritualität. Es entstand mit der Zeit ein Projekt, welches von Frau zu Frau und von Mann zu Mann hiess. Interessierte Frauen trafen sich mit Agi an einem Samstag oder Sonntag und besprachen spirituelle Themen, welche für die Frauen und ihre Lebensausrichtung wichtig waren. Bei uns Männern war es genau das gleiche Prinzip: Wie lebe ich als Mann, als Familienvater in dieser anspruchsvollen Zeit? Wie kann ich spirituelles Wissen in meinen Alltag einfliessen lassen, nach spirituellen Grundsätzen leben? Diese Treffen fanden in Weesen statt oder später auch in Kappel am Albis. Daraus entstanden auch weitere spirituelle Projekte.

Reshad Feild
Ich ging den Weg des Derwischs

Reshad Feild war Agis spiritueller Lehrer, daher befassten wir uns mit seinen Büchern und seinen Lehren. Ich las seine Bücher: «Ich ging den Weg des Derwischs, oder das Siegel des Derwischs, Schritte in die Freiheit oder die Alchemie des Herzens.» Bis zur Auflösung 1996 besuchte ich Reshad Feilds Zusammenkünfte im Johanneshof in Kehrsiten. Einmal drehte sich ein Teilnehmer einer Zusammenkunft wie ein Derwisch im Kreis. Es war ein berührendes Erlebnis. So kam ich als junger Mann in Kontakt mit dem Sufismus. Durch ihn und Agi setzte ich mich mit den Lehren von G.I. Gurdjieff und P.D. Ouspensky auseinander. Ich las «Begegnungen mit bemerkenswerten Menschen» von G.I. Gurdjieff und machte die Erfahrung, dass ich an meine intellektuellen Grenzen stiess mit dem Versuch, Gurdjieffs «Beelzebubs Erzählungen für seinen Enkel» oder «den vierten Weg» von P.D. Ouspensky zu lesen. Ich befasste mich mit John G. Bennets «grünem Drachen» oder seiner Beschreibung «der Meister der Weisheit». Eine Vertiefung von G.I. Gurdjieff`s Arbeit erfuhr ich durch seine heiligen Tänze. 

Georges I. Gurdjieff / Bruno Martin 
Die heiligen Tänze

Gemeinsam mit Agi organisierte ich im Jahr 2001 Seminare mit Bruno Martin, welcher die Abläufe der heiligen Tänze von G.I. Gurdjieff kannte. In der Gruppe wurden nach einem genauen Ablauf bestimmte Formen und Bewegungen mit dem Körper durchgeführt. Diese «Movements» berührten mich auf einer seelischen Ebene. Ich hatte nach einem solchen Wochenende mit den heiligen Tänzen immer sehr spezielle, tiefe Träume. 

Sri Ramana Maharshi / Dr. Bhagwan Awatramani 
Who am I?

Mit Agi besuchte ich auch die Meditationen von Dr. Bhagwan Awatramani in Zürich. Durch ihn kam ich das erste Mal in Kontakt mit Sri Ramana Maharshi. Ich erinnere mich, dass für mich diese Meditationen anstrengend waren. Das lange Sitzen auf einem Meditationskissen und das gemeinsame Schweigen setzten mir zu. Dr. Awatramani beantwortete auch immer persönliche Fragen, welche ich aber mit meinem Intellekt nicht verstehen konnte, weil ich auch nicht gut Englisch konnte. Manchmal war ich einfach froh, wenn die Mediation vorbei war und ich wieder nach Hause gehen konnte. Die spirituelle Energie war anscheinend für mich zu hoch.

Nach diesen intensiven Jahren gemeinsam mit Agi Hidveghy sollte bald etwas ganz Neues in mein Leben treten. Ein gemeinsames Projekt mit ihr zum Thema Bruder Klaus kam nicht mehr zustande. Ich konnte keinen Beitrag mehr leisten zur Entstehung einer neuen Gemeinschaft und löste mich aus ihrer spirituellen Arbeit. Bis heute bin ich ihr von Herzen dankbar, denn ohne sie und die spirituelle Vorbereitung, die ich erfahren durfte, wäre der kommende Weg wahrscheinlich nicht möglich gewesen.

Mario Mantese / Meister M.

Mit einem Freund, welchen ich aus Agis Arbeit kannte, besuchte ich 2003 eine erste Zusammenkunft von Mario Mantese im Kongresshaus in Zürich. Ich muss heute innerlich lachen, wenn ich an diese Anfangszeit zurückdenke. In den Mittagspausen erörterten wir in Gesprächen, wie Meister M. wohl dies oder das gemeint hatte. Was hattest du oder ich verstanden? Ich wollte seine Worte mit meinem Intellekt erfassen und scheiterte logischerweise vollständig. Erst mit der Zeit und nach dem Besuch von vielen Zusammenkünften von ihm, spürte ich, dass er mit meinem Herzen sprach. Es gab nichts intellektuell zu verstehen, sondern es ging darum, innerlich leer zu werden. Zu dieser Zeit konnte ich nicht ahnen, dass ich nun einen Meister gefunden hatte, der mich bis heute begleitet und in mir einen tiefen inneren Wandel anstiess. Meine Seele wurde durch diese Zusammenkünfte gefordert. Manchmal wollte ich nicht mehr hingehen und empfand die hohe Energie, die an seinen Seminaren vorherrschte als Qual. Doch eine innere Klarheit und Gewissheit führte mich von nun an zu ihm. Durch das Lesen seiner Bücher: «Im Land der Stille, seiner Autobiografie im Herzen der Welt oder die Kunst des Nichtseins» bekam ich einen vertieften Einblick in diese spirituelle Arbeit. Meister M. eröffnete innere Kreise. Diese waren nichts Spektakuläres oder Elitäres, sondern einfach eine Vertiefung dieser inneren Arbeit von Meister M. Im Jahr 2007 wurde ein neuer 4. innerer Kreis gebildet. Sollte ich mich da nun melden? Ich war mir nicht sicher. Mein Ego warnte mich vor diesem Schritt, es sollte sich später herausstellen, warum dies so war. Ich hörte auf mein Herz und den Rat eines Freundes und meldete mich für den 4. inneren Kreis von Meister M. an. Wir begegneten uns im Kongresshaus zum ersten Mal und machten uns bekannt. Wir waren 9 Personen, 7 Frauen und mit mir 2 Männer. Von nun an trafen wir uns einmal im Monat bei jemandem zuhause und vertieften im Gespräch die innere Arbeit, welche wir von Meister M. an den Zusammenkünften vermittelt bekamen. Die Gruppe L 4 C Zürich harmonierte schon von Anfang an gut. Wir waren immer wieder erstaunt, wenn wir von Auseinandersetzungen und Streit in anderen Gruppen erfuhren. So etwas kannten wir in unserer Gruppe nicht. Wir versuchten einander zu respektieren, so wie wir nun einmal waren und akzeptierten auch gewisse Eigenheiten, die wir sehr wohl voneinander kennenlernen durften. Im Herbst 2008 bekam ich wie Irina Tweedie zu spüren, wie das Ego in einer solchen spirituellen Arbeit zerbrochen wird. Burnout. Meine innere und äussere Katharsis begann. 

Es sollten mehr als 2 Jahre vergehen, bis ich wieder als Lehrperson tätig sein konnte. Doch dies ist eine andere Geschichte. Ich wurde auch in dieser schwierigen Lebensphase zu Menschen geführt, welche mich im Herzen berührten. Ich lernte Margrith Schneider, Pionierin der Atemarbeit ATLPS im Sonnenhaus in Wildhaus kennen, als ich mich im Herbst 2008  dort erholte. Interessanterweise hatte Margrith  einen direkten Bezug zu Meister M. Ich war von dieser Frau fasziniert. Ihre Klarheit, ihre direkte Sprache, ihre grosse Liebe zu den Menschen und zum ganzen Kosmos waren Balsam für meine erschütterte Seele. Ich besuchte sie auch später noch in ihrer Wohnung in Zürich und traf sie auch an den Zusammenkünften von Meister M. Meister M. hatte in Zürich seine Zusammenkünfte auf zwei Tage erweitert. Am Samstag fand der Darshan statt, bei dem alle Menschen, die es wollten, vor ihn treten durften, um von ihm mit dem Blick in seine Augen eine unbeschreibliche liebende Lichtberührung zu erhalten. Am Sonntag sprach er dann zu den anwesenden Menschen. Manchmal bekamen einzelne Menschen auch einen speziellen Keks. Genau solch einen Keks wollte Meister M. Margrith reichen, als sie vor ihm stand, doch sie schritt schon davon und hob zum Gruss die Hand. Ich war im Herzen tief berührt, von diesem kurzen, intensiven Augenblick, als sich diese wunderbaren grossen Seelen begegneten. Margrith sagte mir einmal: «Jetzt habe ich jemanden gefunden, der richtig spricht.» Margrith Schneider nimmt in meinem Herzen einen besonderen Platz ein. 

Meister M. zog immer mehr Menschen an. Daher wurden die Zusammenkünfte in Biel und neu in Bülach und Winterthur abgehalten und der Austragungsort in Deutschland fiel weg. Auch unserer Gruppe L 4 C Zürich veränderte sich. Menschen verliessen die Gruppe und andere kamen dazu. Die herzliche, innige Verbundenheit mit all jenen, die in der Gruppe blieben, wurde immer intensiver, je länger diese innere Arbeit andauerte. Wir begegneten uns von Herz zu Herz und begleiteten einander durch Lebenskrisen, die jede Person in der Gruppe durchmachen durfte. Einige hatten Themen auf der psychischen Ebene, die anderen eher körperliche Thematiken, die sie annehmen und innerlich bearbeiten mussten. So reiften unsere Seelen unter den wachen Augen von Meister M. heran. Er gab uns während den Zusammenkünften auch spezifische Anweisungen, welche wir in uns betrachten und in der Gruppe besprechen sollten. Durch das Lesen seiner zahlreichen Bücher, bekam ich ein tieferes Verständnis dieser inneren Arbeit. Seine Worte sanken in meine Seele und taten dort ihre Wirkung. Immer wieder las ich: «Leben endet nie», welches mein Herz immens berührte. Aber auch seine anderen Bücher, welche er mit der Zeit neu überarbeitete und mit einem neuen Ausdruck oder einer neuen energetischen Ausrichtung versah, las ich mit Erstaunen und Freude. Oftmals entdeckten wir im gemeinsamen Gespräch in der Gruppe L 4, wie sich etwas in uns tiefgreifend verwandelt oder geändert hatte. Wir konnten bei uns selbst und bei den andern beobachten, wie durch diese innere Arbeit mit Meister M. sich viele scheinbar wichtige Lebensthemen in nichts auflösten. Unsere Herzen wurden immer leichter und in uns entstand eine tiefe Liebe zu uns selbst, zu den Mitmenschen, zu dieser Welt, in der wir leben. In uns wuchs ein Respekt, eine Hingabe und eine Dankbarkeit dem Leben gegenüber heran. Es war nicht mehr wichtig, viel zu wissen oder etwas Besonderes zu sein. Die liebende Einfachheit hatte in unsere Herzen Einzug gehalten. Bei mir wuchs die Liebe zu Meister M. In meinem Herzen entstand eine tiefe Dankbarkeit ihm gegenüber für das, was er mit seiner immensen Arbeit bei so vielen Menschen bewirkte. Ich entdeckte immer mehr in mir selbst dieses Licht aller Lichter, von dem er immer sprach und spürte diese gigantische Liebe in meinem Herzen. 

Nach der schwierigen Corona-Zeit in welcher auch keine Zusammenkünfte stattfinden konnten, veränderte Meister M. seine Arbeit erneut. Die inneren Kreise wurden aufgelöst und in Bülach fanden keine Zusammenkünfte mehr statt. In mir begann noch einmal eine tiefgreifende Veränderung. Ich fühlte mich noch viel intensiver mit Meister M. verbunden. Ich hatte das Gefühl, dass er sich und seine Liebeskraft noch viel stärker an uns verschenkte. Seine immense Liebeskraft war so enorm spürbar und wirkte sich nun noch viel klarer auf meinen Alltag aus. Ich konnte dies zuerst gar nicht richtig fassen und einordnen. Mir schien, als ob etwas in mir explodierte und abfiel, so wie Meister M. es selbst erlebt und beschrieben hatte. Ich nahm auch immer stärker wahr, dass die Zeit reif war, nun selbst diese tiefe Liebe, dieses Licht aller Lichter nach aussen zu tragen. Jede Person der inneren Arbeit, in jener Weise, wie sie es nach ihren persönlichen Fähigkeiten tun konnte. Nun ist also diese innere Schulung an einem Punkt angekommen, wo wir selbst für uns und für andere Menschen ein liebendes Licht aller Lichter sein dürfen. Geführt durch diese wunderbare Liebeskraft, die Meister M. und auch wir selbst sind, leben wir weiterhin unser Leben in dieser Welt, aber nicht mehr von dieser Welt, wie es Meister M. immer wieder gesagt hat. In mir ist eine Gewissheit entstanden, dass meine karmische Bindung an diese Welt durch die Gnade von Meister M. gelöscht wurde. Es gibt keine Worte, die meine tiefe Dankbarkeit ausdrücken könnten, für dieses unbeschreibliche Geschenk, welches er uns als universeller Meister M. gemacht hat. Ich verneige mich vor dir Meister M. und bin gespannt, was denn da noch alles kommt.